Bei Bewerbungsgesprächen rate ich Freunden und Kollegen immer, sich explizit nach dem Weiterbildungsangebot für Führungskräfte zu erkundigen – auch dann, wenn man (noch) keine Führungskraft ist.
Diese Frage hilft nicht nur, die eigenen persönlichen Entwicklungsmöglichkeiten zu erkunden. Sie ist zudem ein zuverlässiger Lackmustest für die Unternehmenskultur. Der Blick auf das Weiterbildungsangebot eines Unternehmens verrät viel über das Miteinander, die strategische Ausrichtung und die Überlebensfähigkeit eines Unternehmens. An der Art und Weise, wie ein Unternehmen lernt und trainiert, lässt sich ablesen, welche Ziele es hat und wie es diese erreichen will. Ein Blick in den internen Trainingskatalog sagt dazu mehr als die geschliffenen Texte der Karriereseiten und -broschüren.
Deshalb sollten Bewerber nicht nur das eigene Lernspektrum erfragen, sondern durchaus auch das des zukünftigen Chefs: Wie halten sich Chefs und Chefinnen fit in Sachen Führung?
Führungskräfte sind die wichtigsten Hebel für Change und Innovation. Wenn ein Unternehmen wirklich neue Strukturen schaffen, Wandel vorantreiben und neue Formen des Miteinanders etablieren und pflegen möchte, geht das nur über die Köpfe und Herzen der Führungskräfte. Die Frage, was und wie meine zukünftigen Vorgesetzten lernen, ist also ganz und gar nicht vermessen sondern absolut berechtigt: Die Qualität der Führungskräfteentwicklung bestimmt maßgeblich die Arbeitsqualität. Für jeden.
Vielleicht trifft diese Frage Ihr Gegenüber etwas unvorbereitet. Aber Sie können ja begründen, warum Sie sich für die Lernkultur interessieren. Dann gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder Ihr Gesprächspartner kann Ihnen ohne Probleme erläutern, welche Führungsleitbilder das Unternehmen hat und was es tut, um dieses mit Leben zu füllen. Oder er weicht aus und rettet sich mit Floskeln, die die „Einzigartigkeit“ der Unternehmenskultur ausschmücken sollen. Genau diese Einzigartigkeit sollten Sie dann getrost hinterfragen.